Annelies Lutz war körperlich ganz unten. Mit dem Programm »Vorsorge Aktiv« hat sie ihren Lebensstil grundlegend geändert. Nun wiegt sie 18 Kilo weniger und strotzt vor Energie und Lebensfreude.
Es ist ein kalter Vormittag im Marchfeld im Weinviertel. Die ausgeatmete Luft verwandelt sich in kurzlebige Federwolken. Und der sanft fallende Schnee hat längst die weitläufigen Felder mit einer dünnen weißen Decke in Besitz genommen. Mitten darin liegt Raasdorf. Hier wohnt in einer verkehrsberuhigten Siedlung die Familie Lutz. Hausfrau Annelies steht gerade in der Küch- e. Sie schnippelt Gemüse. Man merkt, dass sie das häufig macht. Sie arbeitet zügig und strukturiert. Und sie lächelt zufrieden. Es geht ihr sichtlich gut. Und das liegt nicht nur an den Vorbereitungen fürs Mittagessen. „Ich habe am Programm »Vorsorge Aktiv« teilgenommen. Das ist erst vor einigen Wochen zu Ende gegangen“, erzählt die 54-Jährige. „Es war super, wir haben s- o viel gelernt und wir waren eine so lustige Gruppe“, strahlt sie übers ganze Gesich- t.
Das Programm, von dem sie spricht, wird vom Land NÖ getragen und soll in den Bereichen Ernährung, Bewegung und ment- ale Gesundheit zur nachhaltigen Lebensstiländerung beitragen. Das Programm richtet sich an Erwachsene, bei denen Überg- ewicht und ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgestellt wurden. Die Kurse finden ab acht Teilnehmenden in den einzelnen NÖ Gemeinden vor Ort statt – kürzlich eben auch in Raasdorf- .
Lebensstil dringend ändern
Man möchte es kaum glauben. Aber so fröhlich Annelies Lutz jetzt wirkt, so unglücklich war sie zuvor. Ein anstrengender Le- idensweg liegt hinter ihr. „Begonnen hat alles damit, dass ich immer wieder starkes Herzklopfen hatte und ich nicht wusste, was eigentlich los war“, schildert die Frau. Sie ging daher ins Krankenhaus, wo sie mit Herzrasen sofort aufgenommen wurde. Sie wurde operiert. Mittels Ablation und Medikation wurde dem Bluthochdruck Einhalt geboten. „Erst nach der Operation habe ich gemerkt, wie schlecht es mir vorher wirklich gegangen ist“, erinnert sich die Raasdorferin: „Wenn ich früher außer Puste war, habe ich das immer auf mein Übergewicht und die mangelnde Kondition geschoben. Aber es hatte eben auch mit dem Herzen zu tun.“ Daraufhin war sie etwa ein halbes Jahr lang gezwungen, nicht viel zu tun. Sie machte also noch weniger Be- wegung als zuvor, verfiel süßen Naschereien und nahm noch stärker zu: „Ich war so unbeweglich und fühlte mich überhaupt nicht mehr wohl.“ Die Hausfrau wog mittlerweile 89 Kilogramm- .
Im Frühjahr 2018 besuchte sie einen Informationstermin zum Programm »Vorsorge Aktiv« in ihrer Heimatgemeinde. Und da- mit sollte sich ihr Leben massiv und grundlegend verändern. Von April bis November traf sie sich mit den anderen Kursteilne- hmenden – darunter auch ihr Mann – jede Woche in ihrer »Gesunden Gemeinde« Raasdorf. Mit dabei war zudem immer einer von drei Betreuern, wobei jeder einen anderen Schwerpunkt hatte- .
„Wo hat man sonst die Gelegenheit, um 99 Euro acht Monate lang einen Bewegungsexperten, einen mentalen Betreuer undeine Ernährungsfachkraft zu bekommen? Und das alles noch dazu im eigenen Ort?“ Annelies Lutz ist noch immer begeistertvom Programm und hofft, dass durch ihre Geschichte möglichst viele Menschen den Mut bekommen, den gleichen Weg zubeschreiten.
Auf einem Bein stehend
Dabei gehörte die Raasdorferin nicht unbedingt zu jenen, die es beim »Vorsorge Aktiv«-Programm allzu leicht hatten. Wegen der Probleme in der rechten Schulter und am Rücken konnte sie nicht alle Übungen mitmachen: „Das war aber gar kein Pro- blem – der Trainer ging auf jeden Teilnehmer individuell ein.“ Der Zeitaufwand war überschaubar: „Wir haben uns jeden Mitt- woch von 18 bis 21 Uhr im Ort getroffen.“ Gelernt hat man Dinge, die nah am Alltag sind: „Wir haben dabei immer etwas Ne- ues gemacht. Es war sehr interessant!“ Dabei erinnert sie sich etwa an Gleichgewichtsübungen, die man im Alltag zwische- ndurch trainieren kann. „Auf einem Bein stehend die Zähne zu putzen ist gar nicht so einfach“, grinst si- e.
Natürlich gab es regelmäßig „Hausaufgaben“, um das Erlernte praktisch umzusetzen. Im Bereich Bewegung fing sie an, rege-lmäßig
spazieren zu gehen. Das Walken mit Stöcken war ihr wegen der Schulterprobleme nicht möglich. Zudem hat sich die Raa- sdorferin eine Uhr gekauft, die ihre Schritte mitzählt: „Ich muss das einfach in Zahlen sehen.“ Mittlerweile ist auch der Besuch im Fitnessstudio ein Fixpunkt im Wochenablauf. Im Sommer kommen Radfahren und Schwimmen dazu. Das reicht aus, um Muskeln und Kondition aufzubauen und die Rückenschmerzen zu verringern: „Es geht um die Regelmäßigkeit der Bewegung, um nachhaltig erfolgreich zu sein. “
„Ich esse von allem etwas“
Nebenbei stellte Annelies Lutz auf eine ausgewogene Ernährung um und verfügt so über mehr Energie denn je zuvor. „Ich habe schon so viele Diäten gemacht. Ständig hatte ich den Jo-Jo-Effekt und nachher mehr Gewicht als vorher“, blickt sie z- urück. »Vorsorge Aktiv« sei aber keine Diät, sondern eine Ernährungsumstellung für sie gewesen. Das habe ihr mental viel ge- bracht: „Ich hatte nämlich nicht das Gefühl, mein Leben total einschränken zu müssen wie bei den Diäten.“ Am liebsten isst s- ie ein gutes Stück mageres Fleisch mit viel Gemüse und Salat. Statt Süßigkeiten nascht sie nun gesunde Alternativen, die nicht bis wenig verarbeitet sind- .
Verzichten muss sie auf nichts: „Ich esse von allem etwas, auch einmal ein Speckbrot oder Eis.“ Annelies Lutz nutzt ihr neues erlerntes Ernährungswissen, um den Überblick zu behalten. Zum Beispiel benutzt sie seit Neuestem eine Ernährungs-App auf ihrem Handy. Es erkennt die täglich verspeisten Lebensmittel und listet sie auf. „Ich brauche die Kontrolle für mich selbst, d- amit der Schlendrian nicht Einzug halten kann.“ Aktuell wiegt sie nur mehr 71 Kilogramm. Damit hat sie stolze 18 Kilogramm abgenommen. „Das ist nun auch genug“, meint Annelies Lutz bestimm- t.
Innerer Schweinehund
Welche Rolle hat der berühmt-berüchtigte innere Schweinehund bei der Lebensstil-Änderung gespielt? „Für mich war er früher immer der Böse“, sagt Annelies Lutz. Oft genug habe er sie davon abgehalten, rauszugehen und sich zu bewegen. Sie habe in den »Vorsorge Aktiv«-Terminen gelernt, dass der innere Schweinehund es auch gut meinen und ein Freund sein kann. Etwa wenn man müde ist oder Schmerzen hat und seinem Körper Ruhe gönnen sollte- .
Die Konsequenz: Bei Rückenproblemen hört die Raasdorferin nun auf ihren inneren Schweinehund. Ansonsten lässt sie sich von ihm nicht irritieren oder gar vom Weg ins Fitnesscenter abhalten- .
Bei vielen Kursteilnehmenden war auch Stress ein großes mentales Thema, weiß Annelies Lutz. Denn Stress fördert das Ab- nehmen nicht unbedingt. Im Gegenteil. Es ging dann darum, wie man alles unter einen Hut bekommt und beispielsweise mit Atemübungen „runterkommt“. Spezielle Unterstützung wurde auch für Raucher angeboten. Bei vielen hat sich durch den Kurs die Einstellung zu sich selbst geändert: „Man ist oft viel für seine Familie da. Hier habe ich gelernt, auch auf mich selbst zu achten und auf meinen Körper zu hören. Das ist nicht schlecht, denn das haben wir alle ein bisschen verlernt- .“
„Noch nie so zufrieden“
Welche Auswirkungen hat das Programm auf den Alltag noch gebracht? „Ich war noch nie so zufrieden und glücklich – ich habe Lebensqualität gewonnen“, sagt Annelies Lutz. Doch sie hat sich nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich verändert. Das haben nicht nur ihr Mann, der übrigens selbst zehn Kilogramm im Rahmen des Programms abgenommen hat, und ihre beiden erwachsenen Kinder bemerkt. Auch im Freundeskreis kommt die Umstellung gut an, freut sich Annelies Lutz: „Ich b- ekomme viele Komplimente, was ich so nicht gewohnt bin.“ Sie trägt nun zwei Kleidergrößen weniger und hat ihre Haare kürzer als früher. Man merkt ihr den Zugewinn an Selbstbewusstsein an. „Zum Leidwesen meines Mannes musste ich neues Ge- wand einkaufen“, schmunzelt sie. Vorbei ist der Schlabber-Look mit weiter Bekleidung: „Man ist nach dem Abnehmen gerne figurbetonter angezogen.“ Kräftige emotionale Unterstützung bekommt sie von ihrer Tochter, die Fitnesstrainerin ist. Einen po- sitiven Nebeneffekt der Kurse sind zudem die Auswirkungen auf die Dorfgemeinschaft. „Wir hatten so viel Spaß – etwa auch beim gemeinsamen Kochen“, denkt Annelies Lutz gerne an diese Zeit und die Gruppendynamik zurück. Und: „Es tat so gut, von anderen zu hören, dass sie mit denselben Problemen zu kämpfen hatten. “
Wer sich für »Vorsorge Aktiv« interessiert, sollte sich gerade jetzt über etwaige Termine in seiner Heimatgemeinde informie- ren. Nicht nur, weil viele Kurse noch im Jänner bzw. binnen der nächsten Monate starten. Sondern auch, weil dann mit guten Vorsätzen in ein gesundes neues Jahr gestartet wird.
erschienen in GESUND & LEBEN IN NIEDERÖSTERREICH 01/2019